In diesem Beitrag widme ich mich einem meiner liebsten einheimischen Autoren. Und ich bin sehr stolz, dass zwischen den ganzen skandinavischen Krimireihen, gleich zwei Buchserien eines Österreichers Platz in meinem Bücherregal gefunden haben. Die Rede ist von Andreas Grubers Maarten S. Sneijder – und Walter Pulaski – Reihe.
Aber erst etwas über den Autor. Ich folge Andreas Gruber schon einige Zeit auf Facebook und muss sagen, dass er sehr sympathisch und nahbar rüberkommt. Er postet oft persönliche Fotos. Manchmal auch Bilder seiner Katzen. Angeblich hat er fünf davon. Was ihm bei mir ja noch mehr Pluspunkte einbringt. Er wurde 1968 in Wien geboren und lebt im Moment mit seiner zweiten Frau Heidi in Grillenberg in Niederösterreich. Aus seiner ersten Ehe stammt der mittlerweile 31-jährige Sohn Philipp. Den 34-jährigen Michael hat seine Frau in die Ehe mitgebracht. Er beschreibt sich selbst als netten Mann von nebenan, der gerne Horrorfilme schaut, leidenschaftlich gern Schlagzeug spielt, im Wald walkt, Heavy Metal hört und regelmäßig mit seinen Nachbarn pokert. Interessant finde ich die Tatsache, dass er vor dem eigentlichen Schreiben ein Exposé von etwa 25 Seiten zusammenstellt. Die einzelnen Kapitel, die Biographien seiner Protagonisten und den chronologischen Handlungsstrang tippt er dann in Excel ein. Da kommt anscheinend der Finanz-Controller in ihm durch. Diesen Beruf hatte er immerhin 22 Jahre inne. Seine Schriftstellerkarriere startete er 1996. Das kürzlich erschiene Buch Todesrache ist sein 28. Werk.
„Schriftstellerei bedeutet für mich, dass ich interessante Figuren erfinden darf, ohne in der Psychiatrie zu landen – und Menschen auf originelle Weise ermorden kann, ohne im Gefängnis zu landen. Aber sonst bin ich ein netter Kerl“
Andreas Gruber
ZU DEN KRIMIREIHEN UND IHREN ERMITTLERN
Walter Pulaski
1. Band: Rachesommer
2. Band: Racheherbst
3. Band: Rachewinter
Alter: 54, ermittelt in: Leipzig Handicap: Asthma
Familienstand: alleinerziehender Vater einer 15-jährigen Tochter
Beruf: war früher eine große Nummer beim Landeskriminalamt, hat sich freiwillig zum Kriminaldauerdienst versetzen lassen Dienstwaffe: Walther PK Fahrzeug: Skoda Charakter: meist schlecht gelaunter Zyniker, dessen Vorurteile immer größer werden Er hasst: Sesselpupser, junge Schlipsträger, Ärzte und den Geruch von Krankenhäusern
Interessen: Kochmagazine, treibt Sport, hat eine Tierschutzzeitschrift abonniert Vorlieben: Ernte 23, obwohl er vor drei Jahren mit dem Rauchen aufgehört hat; trinkt literweise starken schwarzen Kaffee; ernährt sich vegetarisch Ziel: nicht im Dienst erschossen zu werden
Andreas Gruber meint, mit Pulaski gewissermaßen ein Alter Ego von ihm erschaffen zu haben. Ein bisschen kauzig und zynisch, alleinerziehend und technisch unbeholfen. Außerdem leidet der Ermittler des Leipziger Kriminaldauerdienstes unter Asthma, trinkt literweise schwarzen Kaffee, ist stur und führt seine Ermittlungen gern im Alleingang durch. Im ersten Buch Rachesommer, landet der Fall einiger Jugendlicher, die in psychiatrischen Anstalten Selbstmord begangen haben, auf seinem Schreibtisch. Recht schnell erkennt der Ermittler einige Ungereimtheiten in den Suiziden. Unterdessen geht auch in Wien eine junge Anwältin namens Evelyn Meyers einem skurrilen Fall auf den Grund. Vier wohlhabende Männer, im besten Alter, sterben innerhalb kürzester Zeit unter ähnlichen Umständen. Anfangs folgt der Leser zwei parallelen Handlungssträngen, die sich jedoch nach und nach zu überschneiden beginnen. In der Nordsee stoßen Pulaski und Meyers schließlich aufeinander.
Dem Leser ist anfangs gar nicht klar, wie diese beiden Ermittlungen zusammenfinden können bzw. wo es hier die Überschneidungen geben soll. Das macht das Buch so außergewöhnlich für mich. Außerdem hat Gruber mit Pulaski eine sehr reelle Figur erschaffen. Ein Ex-Raucher, der trotz allerhand Wehwehchen, dem Glimmstängel hinterhertrauert. Der literweise Kaffee trinkt, der auf der anderen Seite aber auf die (vegetarische) Ernährung achtet. Vor allem der pubertierenden Tochter zuliebe. Der Krebstod der Mutter schmerzt beide noch sehr. Eine Lücke ist da. Als alleinerziehender Vater kümmert und sorgt er sich rührend um seine Tochter. Nur hapert es mit der Zeit. Pulaski gibt sich nämlich mit Leib und Seele seinen Mordermittlungen hin. Er steht für die Opfer ein und kümmert sich einen Deut um Bürokratie. Was wiederum die Tochter in Sorge versetzt. Gruber schafft, dass der Leser während all den Mordermittlungen immer auch die Tochter im Gedächtnis behält. So fiebert man ständig mit, und hofft, dass dem kauzig, sturen Beamten ja nichts passieren möge. Und genau das unterscheidet die Pulaski Reihe von der Marten S. Sneijder Reihe. Pulaski schließt man ins Herz. Sneijder fasziniert…
Maarten S. Sneijder
1. Band: Todesfrist
2. Band: Todesurteil
3. Band: Todesmärchen
4. Band: Todesreigen
5. Band: Todesmal
6. Band: Todesschmerz
7. Band: Todesrache
Alter: 49 Nationalität: Niederlande Beruf: Profiler und forensischer Kripopsychologe ermittelt beim: BKA Wiesbaden Aufklärungsrate: 97% Dienstwaffe: Glock Handicap: Cluster-Kopfschmerzen Eigenheiten: raucht Marihuana, akupunktiert sich selbst, klaut Bücher, lässt keine andere Meinung als seine eigene gelten Charakter: Misanthrop Er hasst: Smalltalk, Klugscheißer und Zimmerpflanzen
Haustier: zutraulicher Basset namens Vincent
Interessen: unterrichtet den Nachwuchs an der Akademie des BKA
Ziel: den Mörder innerhalb von 48 Stunden zu fassen – danach schwinden die Chancen auf Erfolg rapide
Sneijder ist ein Kotzbrocken, ein Misanthrop, er hasst Menschen, er klaut Bücher, er ist schwul, hat Cluster-Kopfschmerzen, akupunktiert sich selbst und raucht Marihuana. Aber er ist ein Genie, denn er hat seine eigene Sneijder-Methode entwickelt, um Killer zu fassen … bis zur Selbstaufopferung.
agruber.com
Sneijder ist eine Type für sich. Auf seinen Gebieten als polizeilicher Fallanalytiker, Entführungsspezialist und forensischer Kripopsychologe ist er eine wahre Koryphäe. Und diese Tatsache ist dem Niederländer bewusst. Wie Pulaski, hat er sich voll und ganz seinem Beruf verschrieben. Wenn auch nicht aus ganz so altruistischen Gründen heraus. Sneijder braucht das Rätseln. Und der Profiler bekommt in der Todes-Reihe eine ganze Menge davon. Gruber inszeniert spannende und einfallsreiche Mordserien, geht dabei aber nie ins Detail. Er umschreibt zwar die Hergänge, wird dabei aber nie zu „splatterhaft“. Der Autor widmet sich lieber den Protagonisten und deren Arbeit. Diese umschreibt er aber umso genauer. Man kann sich Sneijder bildhaft vorstellen. Wie er in seinem Büro beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden sitzt und seinen Vanilletee schlürft. Im feinen Zwirn, mit zahlreichen Akupunkturnadeln im Handrücken und wie er sich beim Qualmen von Marihuana seiner Methode des Visionären Sehens bedient. Eine Methode, die ihm hilft, sich in die kranke Psyche von Serientätern hineinzuversetzen und mit der er deren nächsten Schritt erahnen kann. Wie auch im ersten Fall der Todes-Reihe, bei dem der Täter sich vom Kinderbuch „Struwwelpeter“ inspirieren lässt. Hier lernt der Leser auch die Polizistin Sabine Nemetz kennen, deren Mutter eines der Opfer des Serienmörders ist. In Todesfrist bekommen Angehörige die Chance die Opfer binnen 48 Stunden zu finden, ehe der Täter diese verhungern lässt, sie in Tinte ertränkt oder bei lebendigem Leib in Beton begräbt. Todesfrist ist der gelungene Auftakt einer mitreißenden Buchreihe mit dem polarisierendem Maarten S. Sneijder und der jungen, taffen, zielstrebigen, ehrgeizigen und empathischen Sabine Nemetz. Zwei so gegensätzliche Ermittler, dass Reibungen vorprogrammiert sind.
Auch in diesem Buch überzeugt der Autor mit verschiedenen Handlungs-und Zeitsträngen, die erst nach und nach ineinander finden und dessen Zusammenhänge dem Leser erst gegen Ende hin offensichtlich werden. Dadurch bleibt die Handlung konstant spannend und es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Schön wie es Gruber immer wieder schafft, zwischen verschiedenen Stories hin und her zu switchen ohne dabei zu verwirren. Und an dieser Stelle muss man auch mal Grubers spitzfindigen Humor hervorheben. Kaum ein anderer Autor schafft es so gekonnt, ambivalente Gefühle beim Leser hervorzurufen. Einerseits ist man von der Spannung gefesselt, ekelt sich vorm beschriebenen „Gemetzel“, und auf der anderen Seite trumpft er mit derart humoristischen Metaphern und Floskeln auf, dass man sich ein Lächeln kaum verkneifen kann. Das macht seinen Schreibstil besonders und hebt ihn von vielen anderen Schriftstellern dieses Genres ab. Ich bin jedenfalls ein großer Fan beider Roman-Serien und hoffe auf viele weitere Teile.
Unter Andreas Gruber sind außerdem einige Jugendbücher (Code Genesis – Reihe) und Horrorbücher veröffentlicht worden. Näheres zum Autor findest du hier.
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